Der Finger wischt über das Display des Handys. Meine Augen bleiben an einem Foto hängen. Zwei Jungs, vielleicht 10 Jahre alt. Ich sehe sie von hinten. Ihre Arme haben sie sich gegenseitig über die Schulter gelegt. Es ist unübersehbar: sie sind Freunde!
Die Landschaft hinter ihnen ist karg. Aber sie stehen da und schauen ins Land. Was sehen sie dort?
Den Himmel, Hügel am Horizont, ein paar Büsche, einige Bäume. Orte, wo sie Fußball spielen können oder Verstecken. Vielleicht wollen sie aus trockenen Ästen eine Bude bauen. Alles, was Freunde eben so zusammen machen.
Was sehen die beiden Jungs vor ihren Augen? Schauen sie in ihre Zukunft? Vielleicht wollen sie mal dieses Land bestellen, mit dem Trekker über die Felder fahren, Bewässerungsanlagen planen oder Dattelplantagen anlegen. Oder mit Rucksack und Wasserflasche durch ihr Land wandern. Sie könnten später eine eigene Familie haben, Häuser bauen und miteinander im Schatten unter Bäumen feiern.
Vielleicht werden sie mit ihren Kindern zusammen in den Urlaub fahren. Und ihnen zeigen, wo sie aufgewachsen sind und welche Streiche sie anderen so gespielt haben, damals als sie kleine Jungs waren. Vielleicht wohnen sie auch weit voneinander entfernt. Doch sie telefonieren und besuchen einander. Sie erinnern sich, wie sie getobt und gelacht haben oder miteinander geweint, weil sie Hausarrest hatten und nicht zum Spielen raus durften.
Ich weiß nicht, was sie vor ihren Augen sehen. Ich sehe nur zwei Jungs von hinten. Sie haben die Arme einander auf die Schultern gelegt.
Sie sind Kinder. Einer trägt eine Kippa, der andere ein Palästinensertuch. Welche Zukunft werden sie haben?
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Dezember 2023, von Peter Herrfurth, Landesjugendpfarrer der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Mitglied im Gesprächsforum der Ökumenischen FriedensDekade