Redebeitrag von Samira anläßlich der Kundgebung zum Antikriegstag 01.09.2023 auf dem Friedensplatz in Bonn
Die Meinung, Russland sei der Aggressor und habe die Ukraine völkerrechtswidrig und unprovoziert angegriffen, ist unter Völkerrechtlern und Menschenrechtlern bei weitem nicht einstimmig. So vertritt zum Beispiel der Rechtsanwalt für Menschenrechte und Friedensaktivist Daniel Kovalik den Standpunkt, dass Russland mit dem Eingriff in der Ukraine von seinem Recht auf Selbstverteidigung nach Artikel 51 der UN-Charta Gebraucht gemacht und somit trotz fehlenden UN-Mandats aus Sicht des Völkerrechts legal gehandelt habe.
Dieser Standpunkt wird in den Mainstream-Medien nicht einmal erwähnt, sondern wird völlig verschwiegen. Stattdessen wird die Darstellung Russlands als böser Aggressor und der Ukraine als arme unschuldige Angegriffene völlig unhinterfragt übernommen und durchgesetzt.
Dass Russland allerdings nicht völlig unprovoziert in der Ukraine interveniert hat, wird beispielsweise von der Tatsache gestützt, dass ein einflussreicher Think Tank wie die RAND Corporation im Jahr 2019 die Destabilisierung von Russland u. a. durch die Ukraine zum Ziel der USA erklärt hat.
In der Berichterstattung zum Thema Ukraine und Russland haben die Mainstream-Medien einen bisher wahrscheinlich noch nie dagewesenen Grad an Einseitigkeit und Voreingenommenheit erreicht.
Selbst wenn diese Medien der Meinung sind, Russland sei in diesem Fall deshalb der Aggressor, weil es ohne UN-Mandat gehandelt habe, rechtfertigt das in keinem Fall die als selbstverständlich dargestellte allgemeine Meinung, die sie propagieren, dass es für Deutschland und andere europäische Staaten notwendig sei, sich bedingungslos auf die Seite der USA und der NATO zu stellen, der Ukraine Waffen und Munition zu liefern und Russland zu sanktionieren.
Sollte sich Russlands Eingriff in der Ukraine wegen fehlenden UN-Mandats wirklich als völkerrechtswidrig herausstellen, so sind die etlichen US- und NATO-Eingriffe in fremden Staaten wie etwa Vietnam, Jugoslawien, dem Irak und Syrien nach demselben Maßstab mindestens genauso völkerrechtswidrig, mit dem Unterschied, dass Russland ein einziges Mal – also ausnahmsweise – unmittelbar hinter seiner eigenen Grenze interveniert hat, während die USA und die NATO-Staaten unzählige Male – und somit systematisch – Tausende Kilometer von dem eigenen Territorium entfernt in deutlich schwächeren Ländern eingegriffen haben.
Allein schon wegen der großen Entfernung und der Ungleichheit in der militärischen Stärke konnten diese angegriffenen Länder keine glaubwürdige Bedrohung für die Sicherheit der USA und der NATO-Staaten darstellen.
In diesen Fällen von westlichen völkerrechtswidrigen Angriffskriegen gab es jedoch in den Medien und unter den regierenden Politikern weder eine systematische und konsequente Verurteilung noch laute Forderungen und Befürwortungen von Sanktionen gegen die Aggressorstaaten und von Waffenlieferungen an die Angegriffenen.
Selbst in den Fällen, wo die BRD sich an den völkerrechtswidrigen Aggressionen beteiligt hat, blieben die einstimmigen Verurteilungen in den Mainstream-Medien aus. Diese Doppelmoral ist in keiner Weise gerechtfertigt oder nachvollziehbar.
Während diejenigen – wie etwa Daniele Ganser – die über die illegalen US- und NATO-Kriege informieren und diese zurecht kritisieren, des „Antiamerikanismus“ beschuldigt werden, gewähren die Mainstream-Medien ihrer eigenen Russophobie einen Freilauf.